Time Series coding – kann ChatGPT den Job erledigen?

Ist ChatGPT wirklich intelligent?

Wir sprechen über KI, künstliche Intelligenz. Was verstehen wir unter „Intelligenz“ und kann diese Eigenschaft einem Gebilde aus Elektronik und Software überhaupt zugesprochen werden? Ist Intelligenz etwas, das einem Lebewesen vorbehalten ist? Wird der Kern des Wortes betrachtet, kann die Frage schnell beantwortet werden. Intelligenz leitet sich vom lateinischen „intellegere“ ab was soviel bedeutet wie „erkennen“ oder „verstehen“. Systemen, die wir heute als KI bezeichnen, kann unter diesem Aspekt das Attribut „intelligent“ zugeordnet werden.

Wird die rein technokratische Sicht auf den Begriff Intelligenz verlassen, dann wird offensichtlich, dass Intelligenz deutlich mehr ist, als Zusammenhänge zu erkennen oder zu verstehen. Verhaltensforscher sprechen Tieren beispielsweise dann Intelligenz zu, wenn sie zu Humor befähigt sind. Primaten und wenige sehr intelligente Hunderassen haben diese Anlagen. Sie können mit ihrem menschlichen Gegenüber interagieren, spielen, ihn „auf den Arm nehmen“, Humor zeigen. Auch bei Menschen zeigt sich, dass scharfsinniger Humor bei intelligenteren zu finden ist. Hat ChatGPT Humor? Originären sicher nicht.

Auch der ursprüngliche Gedanke hinter der Messung menschlicher Intelligenz ist bereits lange verworfen. Einem Menschen kann nicht ein IQ zugeordnet werden. Menschliche Talente sind breit und facettenreich. Eine Person kann mit herausragender sprachlicher Intelligenz ausgestattet sein, im mathematischen Bereich aber nur einen durchschnittlichen IQ erzielen.

Ist ChatGPT nun wirklich intelligent? Ganz sicher, aber in einem sehr schmalen Segment dessen, was im Gesamten unter Intelligenz verstanden wird. Und so muss auch das gesehen werden, was KI nach dem heutigen Stand der Technik leisten kann.

Ist Intelligenz genug um Großartiges zu erschaffen?

Wissenschaftler und Erfinder, die Großartiges erdenken und erschaffen, sind immer mit höherer Intelligenz ausgestattet. Aber das alleine ist zu wenig, um Meilensteine zu setzen. Neben Intelligenz zeichnen sie sich alle durch einen ausserordentlichen Antrieb, Selbstmotivation und herausragende Kreativität aus. Auf das Verhältnis Intelligenz zu Kreativität einen Blick zu werfen, ist besonders interessant.

Menschen bezeichnen sich gerne als kreativ, aber sind sie es wirklich? Zwei Formen der Kreativität existieren. Die kombinatorische und die originäre Kreativität. Letztere ist wenigen Jahrhundert Menschen vorbehalten, die in der Lage sind, völlig Neuartiges zu erdenken, das sich nicht aus der Kombination bestehenden Wissens ableiten lässt. Da Vinci, Mozart und Einstein waren solche herausragenden Persönlichkeiten. Sie werden gemeinhin als Genies bezeichnet. Aber auch die Befähigung zu kombinatorischer Kreativität, ist nicht vielen Menschen eigen, denn sie kann nicht erlernt werden.

Auf den ersten Blick würde vermutet werden, je intelligenter desto kreativer ist ein Mensch. Doch die Forschung zeigt, das ist nicht so. Bis zu einem IQ von rund 120, ist Intelligenz einer der Faktoren, der zu Kreativität befähigt, aber nur einer und nicht der wesentlichste. Ab 120 aufwärts, hat der IQ keinen Einfluss mehr auf die Kreativität. Der Kern der Fähigkeit zur Kreativität ist ein Geschenk der Natur, das nicht jedem gemacht wird. Aber dieses Geschenk heißt es zu nutzen, daran zu arbeiten, damit sich die Synapsen maximal vernetzen. Das geschieht durch Training, wie beim Sport, durch denken, das Gehirn vor schwere Aufgaben zu stellen. Aber auch Ausdauersport fördert die Verzweigungen der Synapsen, selbst im hohen Alter noch. Das beste Gehirn nutzt aber nichts, wenn es nicht mit Wissen gefüttert wird. Das ist die Datenbank für die kombinatorische Kreativität. Das erklärt, warum herausragend kreative Menschen regelrecht besessen von Wissen sind.

Reicht also Intelligenz, so wie sie KI heute aufweist, um Großartiges zu erschaffen? Nein. Ist KI selbstmotiviert? Noch nicht. Kann KI kreativ sein? Ja, aber eingeschränkt auf kombinatorische Kreativität. Und wie sieht es mit Emotionen aus? Mozart war keine Maschine, sondern ein sensibler, emotionaler Mensch, der zu Ausschweifungen neigte. Auch menschliche Emotionen sind wichtig, um Herausragendes zu erschaffen. Hat KI Emotionen? Nein.

KI - das klassische Muster am Weg zur Alltagstauglichkeit.

Revolutionäre Technologien treten nicht aus dem Nichts auf den Plan, auch wenn das von der breiten Öffentlichkeit so wahrgenommen wird. Sie durchlaufen einen langen Prozess, bis aus Wissen, Erkenntnissen und Ideen, etwas Greifbares wird, das vielleicht einmal von Nutzen sein könnte. Schon antike Griechen befassten sich mit der Elektrizität, daher auch der Name, ēlektron für Bernstein, mit dem sich elektrische Ladung leicht erzeugen lässt. Damit konnte allerlei angestellt werden, aber wozu das dienen könnte, war Jahrhunderte unklar. Erst Ende des 18. Jhd. kam Bewegung in die Sache. Es wurde mit Elektrizität gespielt, man versuchte sich an ihr. Schausteller wie Georg Heinrich Seiferheld, der als „herumziehender Elektrisierer“ bekannt war1), unterhielt das Publikum mit zu Berge stehenden Haaren, Funkenflug und anderen Kuriositäten. Erst die Erfindung der Glühbirne veränderte alles und teilte die Beobachter in zwei Lager: Die einen euphorisch ob der neuen Möglichkeiten, die anderen warnten vor dem todbringenden Wechselstrom, der gegenüber dem Gleichstrom das Rennen machte.

Einen ähnlichen Prozess, wenn auch deutlich schneller, durchläuft die Entwicklung der KI. Bereits im 18. Jd. wurde zur Entwicklung „mechanischer Wesen“ geforscht. Die Idee etwas künstliches, menschengleiches zu erschaffen, war geboren. Whitmann zog als Schausteller mit seinem „Maschinenmensch Barbarossa“ durch die Lande. Die New Age Bewegung der 1930iger setze einen drauf und suchte nach Möglichkeiten, Maschinen menschliche Seele einzuhauchen. Sie nannten das „Cyborg“. Danach geschah viel, nicht sehr publikumswirksam, denn jene, die KI bereits zum heutigen Stand entwickelten, hatten kein grosses Interesse an Öffentlichkeit. Seit langem wird der Google Algorithmus von KI beherrscht und zwar derart, dass Verantwortliche des Bereichs Google Search Central selbst öfter nicht mehr erklären sondern nur noch vermuten können, warum Content besser oder schlechter rankt. Auch das US Militär setzt auf hoch entwickelte KI, denn dafür ist sie prädestiniert. Militärische Planspiele, Entwicklung von Szenarien, die Schwächen des Feindes erkennen, seine nächsten taktischen Schritte vorhersagen und basierend darauf Strategie, Taktik und Logistik zu entwickeln. Der Kartentisch hat ausgedient. Wer KI zur Verfügung hat ist überlegen. Das gilt auch für den Finanzbereich und die medizinische Diagnostik. Viele weitere Bereiche werden folgen.

Aktuell tritt KI in die letzte Phase der breiten Markteroberung ein. Schausteller wie anno dazumal, nun in digitaler Form, ziehen durch die Lande: ChatGPT, AI Voice Changer oder AI Art Generator beispielsweise. Es wird mit ihnen gespielt, experimentiert, betrogen, wie mit allen neuen Technologien auch. Zunehmend werden diese Tools auch kommerziell eingesetzt. ChatGPT schreibt Blog Artikel, nicht immer sinnvolle, AI Art Generator malt Bilder, verblüffend schöne, die zur Gestaltung von Grußkarten eingesetzt werden. Kommerzielle Anwendungen kristallisieren sich heraus und wie bei Elektrizität sind wieder die Beobachter gespalten: Die einen euphorisch, die anderen warnen vor den Risiken der KI, wie auch Elon Musk, der bereits 2018 meinte „…AI is far more dangerous than nukes.“2) Im Internet kursierende Deep Fakes, sind nur ein harmloser Vorgeschmack.

Wo wird die Reise hingehen? Kann eine Gesellschaft sagen, bis hier her und nicht weiter? Ja, kann sie, aber es wird keine Technologie weltweit aufhalten, deren Zeit reif ist. Sie wird ihren Weg finden. Das hat Kernspaltung und Gentechnologie gezeigt. Was machbar ist wird von irgend jemandem, irgendwann und irgendwo auch gemacht werden. Es heisst dabei sein und Einfluss nehmen oder sich mit dem Strom treiben lassen.

Die Sache mit dem Urheberrecht: Wem gehört was KI erschafft?

Beginnen Technologien wirtschaftlich Fuß zu fassen, ist die Zeit der Anwälte gekommen. Es geht um Eigentumsrechte und viel Geld, für die Schöpfer der Technologie um Patente. In Sachen KI wurde hier vor gedacht und Projekte wie Open AI als Open Source konzipiert. Das ist im Besonderen Elon Musk zu verdanken, der die Meinung vertritt, Patente seien etwas für Schwache und würden den Fortschritt behindern. Die Professoren Raustiala und Springman legen das in ihrem Buch „The Knockoff Economy: How Imitation Sparks Innovation“ schlüssig und lesenswert dar3).

In Zusammenhang mit KI eröffnet sich aber ein ganz neues rechtliches Thema, das bisher in dieser Form nicht existierte: Die Frage des Urheberrechtes. Urheberrechte werden durch eine eigenständige schöpferische Leistung eines Individuums begründet, sind untrennbar mit dieser verbunden, können nicht verkauft werden, nur die Nutzung am Werk selbst. Maschinen konnten bisher per Definition keine Urheberschaft begründen, auch keine schwächeren Rechte wie Musterschutz. Doch mit KI ändern sich die Zeiten. Was ist KI, ist es nur der Pinsel eines Malers, der ihn führt, um sein Meisterwerk zu erschaffen, oder ist KI mehr? Bisher sprachen US Gerichte KI keine größere Bedeutung als einem Pinsel zu. Ihre Rechtsprechung war klar: Das Ergebnis von KI kann keine Urheberschaft begründen, denn es ist lediglich die Kombination von Bestehendem, dem die eigenständige schöpferische Leistung fehlt.

Doch was ist mit dem Individuum, das „vor“ der KI sitzt, durch sein Wissen, Können, Erfahrung, Intelligenz und Kreativität KI erst dazu befähigt, Neues zu erdenken, zu erschaffen, KI trainiert? Mit all seinen Fähigkeiten KI Ergebnisse entlockt, zu denen ein anderes Individuum nicht befähigt wäre? Hat die Leistung eines Individuums in Bezug auf KI gar keinen Wert mehr? US Gerichte passen ihre Meinung dazu nun schrittweise an. Lässt sich die schöpferische Leistung vom Ergebnis der KI deutlich abgrenzen, dann besteht die Chance auf Urheberschaft. Das Thema ist neu, um Rechtssicherheit zu erlangen, werden noch viele Prozesse geführt werden. Und die sind gerade im Anrollen, Prozesse prominenter Unternehmen wie Getty Images4).

Japan schlägt in Sachen Urheberrecht und KI einen diametralen Weg zur USA ein und legt fest, Produkte von KI können generell keine Urheberschaft begründen5). Damit folgt das Land den Ansichten von Musk und den Professoren Raustiala und Springman in Bezug auf Innovation und schafft ein innovationsfreundliches Umfeld damit. Eine Chance für ein japanisches Come back auf der internationalen Bühne in Sachen Technologie? Gut möglich. Die EU tut in Bezug auf KI das, was sie am besten kann: Über Regulierungen und Verbote nachdenken.

Doch das Thema Urheberschaft ist erst der erste Akt, dem der zweite durch AGI (Artificial General Intelligence) folgen wird. Dann wird das Thema Patente eine Rolle spielen, denn irgendwann wird AGI auch Neues erfinden. Wird sich das patentieren lassen und wer wird das Patent halten?

HAKOM wagt das Experiment: Time Series Coding mit ChatGPT.

HAKOM Time Series wagt den Versuch und wird ChatGPT in seinem nächsten Webinar die Aufgabe stellen, Code für Time Series Applikationen zu erzeugen. Wird ChatGPT in der Lage sein sinnvollen und auch funktionsfähigen Code zu erstellen? Und wenn ja, wem gehört das Produkt, das mit ChatGPT erstellt wurde. Frau Dr. Jeanette Gorzala wird diesen Aspekt sachkundig beleuchten.

Wer bei diesem spannenden Experiment live dabei sein möchte, sollte sich für das nächste HAKOM Webinar „Creating Value for Time Series Developers with ChatGPT in the Energy Sector.“ anmelden, das am Mittwoch, dem 28. Juni 2023 um 14:00 Uhr (Madrid, Wien, Berlin) stattfinden wird. Die Teilnahme ist kostenlos und wie immer wird das Webinar im HAKOM YouTube Kanal on-demand nachzusehen sein. 

Jetzt kostenlos zum Webinar anmelden!

Anmerkungen.

Quellen:

1) Hilz, Helmut; Schwedt, Georg: »Zur Belustigung und Belehrung«, Experimentierbücher aus zwei Jahrhunderten. S. 17ff. Deutsches Museum, München 2002.
2) Musk, Elon: Vortrag SXSW Conference & Festivals, 2018.
3) Raustiala, Kal; Sprigman, Christopher: The Knockoff Economy: How Imitation Sparks Innovation. Oxford University Press, 2012.
4) Siehe dazu u.a.: Glover, Ellen: AI-Generated Content and Copyright Law: What We Know. builtin.com.
5) Siehe dazu u.a.: N.N: Japan Goes All In: Copyright Doesn’t Apply To AI Training. technomancers.ai.

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